Zwischen Himmel und Erde ist der Mensch der Einwirkung unterschiedlicher Kräfte ausgesetzt – angefangen mit der Schwerkraft – und ständig mit Veränderung konfrontiert. Es passiert, dass er sein Gleichgewicht verliert! Im Taijiquan beschäftigt man sich gründlich mit Gleichgewicht, Zentrierung und Raum, mit dem Ziel, sich des realen Umfanges seines Bewegungsraumes bewußt zu werden. In diesem Raum gewinnt man an Sicherheit, Stabilität und Geschicklichkeit, was wiederum zur Entdeckung neuer, unerwarteter Räume der Bewegungsfreiheit einlädt.
Formen und Stile im Taijiquan
Es gibt im Taiji mehrere Stile und noch viel mehr Formen. Ich unterrichte die Form nach Zheng Manqing (Foto), eine Kurzform des Yangstils und für Fortgeschrittene die Waterform, eine weitere traditionelle Worm, die Elemente aus Taiji, Bagua und Ching Xi enthält. Eine Taiji-Form ist ein Ablauf von meist sehr langsam ausgeführten, ineinander fließenden Bewegungen, in die das Wissen vieler Generationen von Taoisten, Ärzten und Kampfkünstlern eingegangen ist. In jeder Bewegungsabfolge (“Figur”) ist ein Schatz medizinischen, philosophischen und poetischen Wissens – mehr oder weniger verschlüsselt – enthalten. Es gibt nahezu unerschöpflich viele Ebenen, auf denen eine Form geübt werden kann.
Jeder Taijiform liegen bestimmte Prinzipien zugrunde, die beim Taiji immer geübt werden (wollen): zum Beispiel die ganzheitliche Bewegung aus der eigenen Mitte heraus, die Natürlichkeit und Offenheit in der Ausführung, die entspannte Aufrichtung, das Zentriert- und in der eigenen mitte “Gesunken”-sein. Nach diesen Prinzipien ausgeführt wird die Form auch zu einer wunderbaren art der Meditation in Bewegung.
Bevor und während wir mit dem Erlernen der Choreographie beginnen, werden wir in Einzel- und Partnerübungen einige Grundlagen und Voraussetzungen der Taijiübung spielerisch erforschen und ausprobieren. Unter anderem:
– Wahrnehmung der natürlichen Spannung im Körper (Erdung in der Aufrichtung; Wachheit in der Ruhe) durch Entspannung in den Armen, im Schulter- und Nackenbereich und Durchlässigkeit der Gelenke.
– der Raum um uns herum. Wo endet mein Raum und wo fängt der von meinem Partner/Gegner an, wie fest oder wie flexibel ist diese Grenze und wie kann ich darauf Einfluss nehmen.
– feinfühliges Spüren und Erfahren von Gleichgewicht, “Richtungen” und Blockaden im Körper: wo fließt die Lebenskraft (das “Qi”) ungestört, wo sind Blockaden und wie können wir unseren Körper anders organisieren, damit die vitale Energie wieder frei fließen kann.
Es ist mir ein wichtiges anliegen, dass wir in der Gruppe eine freundliche, spielerische und dennoch konzentrierte Arbeitsweise pflegen. Sie sind herzlich willkommen mitzumachen!
Bitte bequeme Kleidung und dicke Socken mitbringen (Barfüße sind aber sehr willkommen!).
Diese kompakte Kalligraphie enthält die von Zheng Manqing gehaltene Rede für die Einweihung des Tai Chi Studios in New York, 1973.
Es folgen: der englische Text und (m)eine italienische Übersetzung dessen.
Hall of happiness
May the joy that is everlasting gather in this hall. Not the joy of a sumptuous feast, which slips away even as we leave the table; nor that which music brings—it is only of a limited duration. Beauty and a pretty face are like flowers; they bloom for a while, then die. Even our youth slips swiftly away and is gone.
No, enduring happiness is not in these, nor in the three joys of Jung Kung. We may as well forget them, for the joy I mean is worlds away from these.
It is the joy of continuous growth, of helping to develop in ourselves and others the talents and abilities with which we were born—the gifts of heaven to mortal men. It is to revive the exhausted and to rejuvenate that which is in decline, so that we are enabled to dispel sickness and suffering.
Let true affection and happy concourse abide in this hall. Let us here correct our past mistakes and lose preoccupation with self. With the constancy of the planets in their courses or of the dragon in his cloud wrapped path, let us enter the land of health and ever after walk within its bounds.
Let us fortify ourselves against weakness and learn to be self reliant, without ever a moment`s lapse. Then our resolution will become the very air we breathe, the world we live in; then we will be as happy as a fish in crystal waters. This is the joy which lasts, that we can carry with us to the end of our days. And tell me, if you can; what greater happiness can life bestow?
Cheng Man-Ching
New York City, 1973
This poem by Professor Cheng, hung in the Tai Chi studio on 87 Bowery.
Sala della gioia
Che una gioia senza fine riempia questo luogo!
Non dico la gioia di un sontuoso banchetto, che ci abbandona non appena ci alziamo da tavola; e nemmeno quella che dona la musica, che è solo di breve durata. La bellezza, un bel viso, son come le rose, fioriscono per un momento e poi muoiono, cosí come la giovinezza, che scivola via rapida – ed è giá trascorsa.
No, la felicità durevole non è in queste cose, né nelle tre gioie del Jung Kung. Si potrebbe anzi non menzionarle neppure, perché la gioia di cui sto parlando gli è infinitamente distante.
È la gioia che risiede nella crescita perpetua; nell’aiutare a sviluppare, in noi e negli altri, i talenti e le capacità con cui veniamo al mondo – i doni del cielo per noi mortali. È la gioia che si prova nel rinvigorire gli esausti e nel ringiovanire quel che sta invecchiando, così da permetterci di dissipare malattie e sofferenze.
Facciamo vivere in questo luogo un vero affetto e una lieta compartecipazione. Correggiamo qui i nostri errori passati e smettiamo di preoccuparci di noi stessi. Con la costanza dei pianeti nelle loro orbite o del dragone nel suo cammino avvolto di nuvole, entriamo nella terra della salute e camminiamo d’ora in poi all’interno dei suoi confini.
Impariamo a fortificarci contro la debolezza e ad avere fiducia in noi stessi, senza vacillare nemmeno un momento. Allora la nostra risolutezza diverrà l’aria stessa che respiriamo, il mondo in cui viviamo. Allora saremo felici come pesci in acque cristalline.
Questa è la gioia durevole, quella che portiamo con noi fino alla fine dei nostri giorni.
E ditemi, se lo potete: quale felicità più grande può donare la vita?”
zheng manqing, discorso d’inaugurazione per la “hall of happiness”, new york city, 1973